IMD _TU Braunschweig | VL Mediengeschichte der Architektur 2

Die digitalen Medien haben nicht nur die Darstellung von Raum verändert, sondern grundsätzlich die Art, wie Raum wahrgenommen, gedacht und entworfen wird. Diese tiefgreifenden Veränderungen in der Raumproduktion werden von der Legende begleitet, dass sich die vermeintlich neuen Formen und Gestaltungsweisen aus dem Nichts herausgebildet hätten. So stark der Anspruch einer Nullsetzung der Formgeschichte bis heute aufrechterhalten wird, so wenig lässt sich verbergen, dass die digital generierte Bildwelt auf zahlreichen Vorbildern aufbaut. Zu den verborgenen Leitideen gehören vor allem die gegen die Rasterarchitektur gerichteten Versuche der Moderne und Nachmoderne, Formen der Mobilität in die Gestalt des Bauens zu integrieren. Die frühen Formen scheinbar selbstgenerierter Digitalwelten knüpfen an die dynamischen Netz- und Schlingenstrukturen der 1950/60er Jahre an, die als Wendungen gegen die Architektur des Bauhauses formuliert wurden. Auch die komplexen Vereinigungen scheinbar unvereinbarer Widersprüche, wie sie die utopischen Architekturen und Konzepte der Nachkriegsjahrzehnte vortrugen, kehren in den digital erzeugten Architektursystemen wieder. Die Verbindung von Leichtigkeit und Schwere, Bewegung und Statik, Entmaterialisierung und Wiederkehr der unverrückbaren Substanz haben sich tiefgründig in die räumlichen Faltungen der digitalen Entwürfe vermittelt.

So haben die digitalen Medien und Produkte nicht nur die anschließende Raumwahrnehmung geprägt, sondern es wurden umgekehrt auch herrschende, handlungsleitende Vorstellungen auf die digitalen Verfahren und Formen projiziert. Unter dem Einfluss von Prägung und Projektion bilden sich bis heute die rechnergebundenen Gestaltungsweisen und Erzeugnisse heraus.

Termin, donnerstags, 09.45 Uhr

• 08.04.2010 _Digitale Form _Peter Eisenman, Greg Lynn
• 22.04.2010 _Endloser Raum _Friedrich Kiesler
• 06.05.2010 _Vernetzte Struktur _Constant A. Nieuwenhuys
• 03.06.2010 _Motorische Geometrie _Claude Parent & Paul Virilio

Ort _TU-Altgebäude, Hörsaal PK 4.7